Der Übertritt am Punkt KOTYAEVKA nach Kasachstan. Eine sehr rasche und korrekte Abfertigung überrascht uns doch. Vielleicht hat die Packung PallMall doch etwas geholfen und so sind wir in 45 min (!) mit allem fertig.
Die Suche nach einem geeigneten Nachtlagerplatz dauert nun doch etwas länger, da auf Grund der vielen Überschwemmungen ein Fahren abseits der Straßen nur bedingt möglich ist. Alle Jahre um diese Zeit ist das Wolgadelta meterhoch überschwemmt. Weiter geht es auf der Seidenstrasse nach Osten. Nach einem kurzen Tankstop (ca. 1 Stunde, weil wir uns mit dem Tankwart nicht über das Wechselgeld einigen konnten) werden wir wieder einmal von Uniformierten gestoppt.
Mit Händen und Füßen erklärt mir der Beamte, dass er 50 $ möchte, dafür dass wir ohne Licht fahren (gleißendes Sonnenlicht -11:00 Uhr Vormittag – Wüste – Hallo!) Ich stelle mich blöd – und siehe da – entnervt lässt er uns ohne Bezahlung (!) weiterfahren. Vielleicht war er auch nur zu faul diese Diskussion bei ca. 40°C weiterzuführen. Nachdem die Wasservorräte aufgefüllt sind gibt es am Abend auch eine erfrischende (Wassertemp. auch ca. 40°C) Dusche. In der Steppe sehen wir erste Pferdeherden, Kraniche und Kamele. 1 000 000 Gelsen treiben uns schließlich ins Zelt – auch „no bite“ hat hier nicht geholfen – vielleicht weil die Gelsen hier nicht englisch können ….? 🙂
Irgendwo nach QULSARY treffen wir in der Westkasachischen Steppe einen einsamen Radfahrer, welcher in aller Ruhe Richtung Westen radelt. Natürlich stoppen wir und im Gespräch stellt sich heraus, dass er aus Heidelberg in der BRD und auf dem Weg nach Peking ist. Wir versorgen ihn mit frischem, gekühltem Wasser und er erzählt uns, dass sein Visum für Usbekistan erst in 4 Tagen gültig wird. So hat er beschlossen noch 2 Tage in die andere Richtung zu fahren weil er sonst auf der Grenze zu lange warten muss…! Humor (und wohl auch einen leichten Knall) muss man haben! Die Hauptrichtung für uns ist Süd-Ost Richtung BEYNEU. Bis dorthin sind noch einigermaßen erträgliche Straßenverhältnisse. Aber dann geht’s richtig los! Die Ortsdurchfahrt ist schon eine Herausforderung, da keinerlei Wegweiser zu finden sind. Wir beschließen den hier gehäuft auftretenden „Willy-Betz“ LKW’s zu folgen, welche sehr zielsicher durch das Gewirr von Lehmhütten und Straßenständen durch die Sandpiste pflügen. Es ist nur Schritttempo möglich und die Sicht ist manchmal, auf Grund der extremen Staubentwicklung, unter 5m.
Am abendlichen Lagerplatz gräbt sich Walter in einem Salztümpel ein. Mit Seilwinde und vereinten Kräften ist er aber schnell wieder flott. Am nächsten Morgen mache ich auf dem Weg zur Morgentoilette eine ungewöhnliche Entdeckung. Im feuchten Sand entdecke ich doch relativ große Raubtierspuren. Natürlich weiß ich nicht von welchem offensichtlich nächtlichen Besucher diese stammen. So fotografiere ich diese und schicke nach der Reise die Bilder an das naturhistorische Museum in Wien. Innerhalb eines Tages bekomme ich die fachkundige Auskunft, dass es sich hier eindeutig um Wolfsspuren handelt, mit dem Zusatz: „allerdings kein sehr Großer….?!“ Wenn diese Spuren von keinem „Großen“ sind, dann möchte ich nie einem „Großen“ begegnen!
Eine extrem staubige Piste, mit tiefen Mehlsandlöchern, bringt uns zur usbekischen Grenzstation. Vorher sehen wir noch einen LKW Unfall, welchen der Fahrer leider nicht überlebt hat. Die Aufregung darüber hält sich aber bei den Anwesenden in Grenzen und wir merken erstmals, dass ein Menschleben augenscheinlich nicht überall die gleiche Wertigkeit wie bei uns besitzt. An der Grenze Chaos pur ! Wir fahren auf Verdacht nach vorne und glauben schon auf einer Mülldeponie gelandet zu sein, als sich doch einige Gebäude aus dem Dunst schälen. Für den ersten Soldaten gibt es gleich eine Dose Cola (eiskalt!) und die Kontrolle bei der Ausreise ist kurz und oberflächlich. Jetzt stehen wir im Niemandsland, eingekeilt zwischen dutzenden „Willy Betz“ LKW’s und sonstigen abenteuerlichen Gefährten, vor der usbekischen Abfertigung. Es sieht nicht nur aus wie auf einer Müllkippe – es riecht auch so – wieder ca. 40°C im Schatten.
Hier lernen wir Jamie kennen – einen netten Engländer, welcher mit einer Jamaha 600 unterwegs nach Afghanistan ist. Er war dort schon als Soldat im Krieg und möchte nun ohne Waffen und abseits von Militärcamps das Land bereisen. Wir versorgen ihn mit frischem Wasser und Obst, Daraufhin schließt sich Jamie uns an und wir fahren 2 Tage gemeinsam durch die nördlichen Ausläufer der Kysylkum Wüste (wörtlich: roter Sand) in das Tiefland von Turfan.